Social Permaculture – damit Ökologie und Gerechtigkeit Früchte tragen

Sie kennen den Begriff der Permakultur als Naturliebhaber:innen wahrscheinlich aus dem Garten. Dort ist es für sie sicherlich selbstverständlich, dass Vielfalt ein wichtiger Baustein für einen blühenden Garten ist. Die Permakultur ist aber ein Ansatz, der sich auf alle Lebensbereiche anwenden lässt. Sie nimmt die folgenden ethischen Prinzipien in den Blick: Die Sorge für die Erde, die Sorge für die Menschen und die Sorge für die Zukunft – diese dritte Ethik wird oft auch als „fair share“ bezeichnet: Überschüsse teilen und den Verbrauch reduzieren. Permakultur nimmt sich die Natur zum Vorbild. Patrick Whitefield, Autor von The Earthcare Manual, nannte Permakultur „die Kunst, nützliche Beziehungen zu gestalten“. Hier werden Pflanzen im Garten nicht isoliert betrachtet, sondern im Hinblick darauf, wie sie sich gegenseitig beeinflussen, wie sie interagieren, wie wir aus jedem Element einen vielfältigen Ertrag erzielen können. Daraus lässt sich viel lernen auch für unser Miteinander zu Hause und am Arbeitsplatz.

Wie passiert Veränderung? Wie können wir im gerade auch am Arbeitsplatz einen gesunden Nährboden für die viel beschworene nachhaltige Entwicklung auf allen Ebenen schaffen? Wie können wir Fähigkeiten entwickeln, um den längst überfälligen Wandel in unserem Leben gelingend zu gestalten? Der Schlüssel dafür ist meines Erachtens unsere Kultur wie wir Miteinander umgehen. In der WIRtschaft, wie wir uns sie wünschen herrscht im Miteinander Respekt, Toleranz, Vielfalt und Offenheit. Das könnte in diesem Zusammenhang heißen, unsere Organisation so zu gestalten, dass Transparenz, Durchlässigkeit und Mitbestimmung selbstverständlich Bestandteile im täglichen Miteinander sind, dass Vision und Werte dies auch reflektieren. Das z.B. Scheitern ebenso zum täglichen Alltag gehören darf wie Erfolge. Social Permaculture und Soziokratie können in Organisationen eine gesunde Bodenkultur schaffen, auf der dann wieder Motivation und Arbeitsfreude wachsen können. 
Die wesentliche Erkenntnis der sozialen Permakultur ist, dass es zwar schwierig ist, den/die Einzelne:n zu verändern, dass wir aber soziale Strukturen schaffen können, die vorteilhafte menschliche Verhaltensmuster begünstigen. Wir können in unserem Umfeld versuchen, Bedingungen zu schaffen, die nährende, ermächtigende Beziehungen begünstigen. 

Die Beziehungen zwischen Pflanzen, Insekten, Boden, Wasser und Mikroorganismen, so komplex sie auch sein mögen, sind relativ einfach zu handhaben. Wir sind in ihrem Beziehungsgeflecht weitaus kompliziertere Wesen. Jede:r von uns hat individuelle Bedürfnisse und Ziele. Unsere Bedürfnisse und Ziele kollidieren oft miteinander, Machtstrukturen stehen uns bei der Lösungsfindung mehr im Weg, als das sie uns helfen würden und wir verfügen oftmals nicht über die Mittel, die wir zur Lösung von Konflikten benötigen. Das ist im beruflichen Kontext noch einmal wesentlich komplexer, wo sich neben der Beziehungsebene auch noch die Dimensionen von Einkommen, Machtverwirklichung und Karrieredenken etc. auf das Verhalten aller auswirken. Meist haben wir Konkurrenz und Eigennutz als wesentliche Antriebsfedern internalisiert. Diese Systeme beeinflussen uns zutiefst, oft unbewusst, egal wie sehr wir sie bedauern und gegen sie kämpfen. Aber auch der konstante Kosten- und Optimierungsdruck wirkt sich zerstörerisch auf Organisationen und die im System arbeitenden Menschen aus. Dies ist besonders spürbar bei Menschen in der Pflege, in Krankenhäusern und in der sozialen Arbeit, wo dem intrinsischen Nutzen oftmals nur ein geringer ökonomischer Wert gegenüber steht, und so das eigentlich Ziel der Arbeit, den Menschen als Ganzes zu sehen, mit Kopf, Herz und Hand zu arbeiten, aus den Augen verloren wird. Dies führt zu Verlust der Identifikation mit der eigenen Arbeit, Motivationsverlust, im schlimmsten Fall zu einer „inneren Kündigung“ oder gar Burnout.

Laut Diana Leafe Christian, der Autorin des Buches, Creating a Life Together, scheitern 90 Prozent der intentionalen Gemeinschaften – größtenteils aufgrund von Konflikten. Diese Statistik steht für eine enorme Menge an zerstörten Träumen, persönlichem Schmerz und verschwendeten Ressourcen. Dies dürfte für NGO’s und Firmen gleichermaßen zutreffend sein.

Aber es geht auch anders! Es kann mit Hilfe der Social Permaculture gelingen in Organisationen einen kulturellen Nährboden zu legen, der Kreativität, Lösungsorientierung und Gemeinsinn beim unternehmerischen Handeln der Mitarbeiter:innen befördert. So kann ein kultureller Rahmen geschaffen werden, in dem Mitverantwortung und Kooperation aller die grundlegenden Elemente des Miteinanders sind. So könnte die Wertschätzung der Vielfalt dazu führen, dass wir unsere Unterschiede schätzen, anstatt uns von ihnen trennen zu lassen. Wäre es nicht für alle viel angenehmer miteinander zu arbeiten, anstatt gegeneinander und so Gräben zu vertiefen? Es gilt das Interesse aneinander nicht zu verlieren, einander zuzuhören und zu verstehen, wo die Wurzeln der Ängste und Sorgen der jeweils anderen sind. Diese sind nicht immer rational. Das alles schafft zwar noch keine gemeinsame Agenda für möglich Lösungen, aber es hilft, die Dinge mit den Augen der jeweils anderen zu sehen und Brücken zu bauen, auf denen wir uns dann wieder begegnen können. Wir alle könnten solche Brückenbauer:innen sein. Bei diesem Gedanken wird mir ganz weihnachtlich zumute.


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Autor: Frank Braun, www.fairbinden.eu